Das Zürcher Startup BuddyBroker.com von Flurin Müller präsentiert seit letzter Woche ihre innovative Jobbörse mit neuartigem Ansatz: Da man sich via Xing- oder LinkedIn-Profil anmeldet, entfällt die Suche nach Jobs und es werden einem direkt passende offene Stellen angezeigt.
Sind diese Jobs doch nicht so passend, kann man sie einem Bekannten weiterleiten und bei dessen Einstellung eine Provision einstreichen!
Interview mit BuddyBroker.com Gründer und CEO Flurin Müller:
Der Login via Xing- oder LinkedIn-Profil erübrigt die Stellensuche auf der Jobbörse. In der Art eines Pinboards werden einem sofort passende Stellen präsentiert. Einschränken muss man die Trefferliste «nur» noch über die gewünschte Region.
Auch wenn man kein Xing- oder LinkedIn-Profil hat, kann man BuddyBroker.com nutzen, indem man via E-Mail einloggt. Dann wird man aber natürlich keine für sich angepasste Trefferliste von offenen Stellen erwarten können.
Die Jobs können praktischerweise auch auf einer Karte präsentiert werden.
Interessiert einen eine Stellenausschreibung, sieht man sich auf der Detailseite die Konditionen an.
Bei diesen Jobs bewirbt man sich per Mausklick oben rechts. Die ausschreibende Firma erhält einen anonymisierten CV des Kandidaten. Ist das Profil interessant, so bezieht sie aus ihrem Kontingent einen vollständigen CV und verfolgt die Bewerbung weiter.
Die Bewerbung kann via einen einzigen Mausklick versendet werden, weil hierfür das Xing- oder LinkedIn-Profil als CV formatiert verschickt wird.
Eine Mobile-Lösung gibt es zwar noch nicht, später wird man sich aber sogar via Smartphone und einen Klick professionell bewerben können.
Was diesbezüglich im Moment für den Kandidaten noch fehlt, ist ein auf die Stelle angepasstes Motivationsschreiben. Das macht die jetzt sehr einfache Plattform dafür wieder komplizierter…
Job-Vermittlung unter Freunden
Die Jobsuche wird bei BuddyBroker.com dadurch noch spannender als sonst schon, da man für sich unpassende Jobs Bekannten weiterempfehlen kann und mitverdient, falls diese eingestellt werden.
Zeigt die Firma Interesse für den Kandidaten (sie fordert den nicht-anonymisierten CV an), erhält man CHF 25.- Provision. Wird er eingestellt, erhält man gar CHF 600.- Belohnung.
Für inserierende Firmen beträgt die Vermittlungsgebühr CHF 1’200.- Praktisch die Hälfte bleibt also bei BuddyBroker.com. Und die Aufdeckungsgebühren kommen noch oben drauf!
Vergleicht man dies aber mit Gebühren konventioneller Stellenvermittler oder gar Headhuntern, so sind die Rekrutierungsgebühren mit BuddyBroker.com trotzdem sehr viel tiefer. Da kommt etwas auf die Branche zu, wenn sich diese neue Jobbörse bewährt…
Woher kommen die Stelleninserate?
BuddyBroker.com setzt für das Erfassen der Inserate einen sogenannten Crawler ein. Dies ist eine Software, die auf Firmenwebsites Stelleninserate sucht und in die BuddyBroker.com Datenbank einliest. Dort werden sie analysiert auf Eigenheiten und Ausprägungen des Stelleninserates. Daraus wird ein Abgleich mit dem Bewerberprofil erstellt und entsprechend passende Stelleninserate präsentiert.
Aktuell hat das Team hier noch viel manuellen Aufwand. Dies soll mit der Zeit via selbstlernende Software-Systeme verbessert werden. Diesbezüglich ist man mit verschiedenen Anbietern von semantischen und onthologischen Matching-Algorithmen in Gesprächen.
Man sieht also, so ein kleines, unscheinbares Jobinserat hat es ganz schön in sich…
Wie hat alles angefangen – Warum ein Startup?
Zum Abschluss des Studiums verfasste Müller eine Auftragsstudie über den Einsatz von Social Media im Rekrutierungsprozess. In diesem Zusammenhang fand er so viel ungenutztes Potential, dass er sich entschied, den Business-Plan für BuddyBroker.com zu schreiben und sich selbständig zu machen.
Die Skizzen und ersten Screenshots ähneln der heutigen Lösung auf verblüffende Weise: Die finale Website ist noch eine Spur einfacher als die Prototypen, aber erstaunlich ähnlich.
Das Team um Gründer und CEO Flurin Müller hat extrem viel Zeit auf die Kommunikation der Message verwendet: Die Plattform sollte nicht nur simpel zu benutzen sein, sie sollte auch einfach vermittelbar sein.
Wer entwickelt die Software – Wo sind die Entwickler?
Im Garagen-artigen Office sieht es nicht so aus, als würde hier eine Batterie an Software-Entwicklern arbeiten.
Müller hat sich aus Kostengründen für ein Outsourcing im Near-Shoring in Warschau entschieden. Sein Verwaltungsrat und Seed Investor Roland Zeller hatte mit foap.com, einem andern seiner Online-Projekte, gute Erfahrungen mit dem Team gemacht.
Entwickelt wird mit Ruby on Rails mittels Scrum-Methodik. Die Sprints dauern eine Woche, dann wird der neuste Entwicklungsschritt im Team und zusammen mit dem VR gesichtet und bei Bedarf online geschaltet.
Das Schreiben und Testen der Software dauerte bis zum Launch ca. 5 Monate mit 4 Entwicklern. Den Break-Even peilt Müller bereits für 2014 an…
Das Hosting wird in der Amazon-Cloud betrieben, um bei grösserer Last nahtlos skalieren zu können.
So kurz nach dem Launch sind noch ein paar kleinere Bugs zu beheben und Funktionen zu ergänzen: So finde ich es bei den Jobs z.B. zwar praktisch, dass einem mögliche, passende Kollegen vorgeschlagen werden. Hat man aber jemand anderen im Sinn, so gibt es noch keine geeignete Suchfunktion und man muss sich durch die komplette Liste seiner Bekannten scrollen. Bei meinen über 800 Xing-Kontakten habe ich nur einmal bis «W» runtergescrollt. So geht es nicht…
Summasummarum gebe ich der neuen Plattform und dem Team um Flurin Müller aber trotzdem sehr gute Marktchancen. Mit Hirschfaktor gab es vor ein paar Jahren zwar schon ein ähnliches Angebot, das sich aber nicht durchsetzen konnte. Vermutlich stimmte dort das Timing nicht und die Social Networks waren noch nicht so verbreitet wie heute.
Ein sehr ähnliches Konzept hat auch ein weiteres Schweizer Start-Up im Köcher: Auch Silp versucht sich als Stellenvermittlung unter Freunden und setzt dabei primär auf Facebook als «Kommunikationszentrale».
Da dort aber selten Job-relevante Informationen hinterlegt sind, setzen auch sie einen Crawler ein, der bei Xing und LinkedIn weiterführende Daten zusammensucht und zu einem Bewerberprofil zusammensetzt.
Mehr davon in bälde auf diesem Kanal…
3 Kommentare
Sehr interessant.
Im Hintergrund braucht es also ein Crawler (oder mehrere wie bei uns).
Die Idee ist genial. Herausforderungen gibt es wie z.B.:
1. Warum soll eine Firma Buddybroker nutzen? Es gibt ja andere Services wie jobs… wo der Kandidat die ausgeschriebene Stelle auch findet?
2. Ebenfalls offeriert diesen Matching Service LinkedIn im Beta, aber es funktioniert noch nicht gut….. wird Buddybroker hier besser sein?
3. Die Site muss es dem Crawler von buddybroker erlauben sie zu crawlen, das ist leider nicht immer so wenn der Robots.txt file falsch aufgesetzt ist. Ein Problem mit dem auch wir uns manchmal rumschlagen müssen:
===> http://howto.commetrics.com/articles/give-our-bot-permission-to-crawl-your-blog/
Ich bin gespannt.
Urs
@CyTRAP
sehr coole ausgeklügelte Idee. Viel Erfolg wünsch ich
Ja, da scheint einiges richtig zu laufen ;-)