Influencer sind kreative Individuen, die regelmässig öffentlich zugängliche Inhalte produzieren und bereit sind, dabei mit Marken zusammenzuarbeiten. Ihre Inhalte haben Einfluss auf das Verhalten von Followern, deshalb sind sie als Kommunikationspartner interessant für Firmen.
Vortrag von Martin Faltl von der Universität St.Gallen, HSG am Internet-Briefing in Zürich.
Wie ist es zu diesem Phänomen gekommen?
Milka ist der «Sündenfall» aus dem ersten Hype um Influencer Marketing. So platt sollte man es nicht mehr machen. Aber immerhin war/ist die Kampagne immer noch in aller Munde. Irgendwie hat sich die Kampagne also wohl doch ausbezahlt.
Trades vs. States: Trades bestehen aus Risikobereitschaft, Selbstvertrauen und Konformität.
Markenbotschafter sind glaubwürdig je nach Quelle, Charakteristika der Botschaft und kognitive Faktoren.
Content ist als Botschaft nur dann glaubwürdig, wenn die Konsumenten sich in die Situation eindenken können. Wer nicht akrobatisch auf Gymnastikbällen turnt, wird eine entsprechende Botschaft ignorieren.
Heute ist der Schwellwert für Influencer oder Gatekeeper stark gesunken: Jeder kann anfangen, Content zu produzieren und sich so als Micro-Influencer etablieren.
Attraktivität, Vertrauen und Expertise sind die 3 Faktoren, die eine Quelle glaubwürdig machen.
Persönliche Empfehlungen von Bekannten sind bei weitem die wichtigsten Kanäle, um Konsumenten zu bewegen.
Deshalb ist es für Influencer wie Bibis Beauty Palace wichtig, auch persönliche, intime Details aus der persönlichen Biographie zu teilen.
Die Kehrseite der Medaille: Leser entwickeln eine Anspruchshaltung, wann denn der neuste Post kommt?
Aber wie kann man z.B. Jungen die Vorteile von Dienstleistungen wie Versicherungen vermitteln? Allianz versucht sich hier inzwischen mit Influencer Marketing.
Der Influencer-Markt verändert sich ebenso wie die Geschäftsmodelle
Erste Rechtsfälle entstanden um nicht sauber deklarierte Werbung. Auch die Botschaften sind nicht mehr als Plattitüden vermittelbar.
Der Zusammenhang von Reichweite und Engagement ist nicht linear: Kleinere Influencer haben tendenziell höhere Engagement-Raten.
Der Trend geht hin zu hochwertigem Content wie bei Yoga with Adriene. Sie macht nur ab und zu ein Product Placement, ansonsten nur attraktive Yoga-Stunden.
Auch die Aufdeckung von Fake Influencern macht grosse Fortschritte. Je grösser ein Account ist, umso mehr Bots zieht er an. Diese werden später natürlich nicht als Konsumenten auftreten. Das heisst aber nicht zwingend, dass solche Influencer Fans auch kaufen.
Die Player am Markt verändern sich ebenfalls: Es gibt Marktplätze, Search & Analytics Tools wie Influencer-DB und Influencer-Suites wie Reachbird für die Suche nach Influencern und die direkte Kommunikation.
Die Uni St. Gallen hat einen Influencer Check publiziert, um den sehr kleinen Schweizer Markt besser analysieren zu können.
Aber auch die Influencer entwickeln sich weiter. Sylwina beispielsweise tritt jetzt auch am TV auf.
Noch interessanter sind Influencer, die eine eigene Marke herstellen und vertreiben.
Buzzfeed verkauft in der Zwischenzeit auch Güter und Dienstleistungen. Arrow Electronics hat sich in den USA eine Plattform gekauft, auf der Influencer Content monetarisiert wird.
Die Grenzen zwischen Herstellern und Medien-Companies verschwimmen, auf beiden Seiten wird jetzt Content publiziert und Produkte vermarktet.
In der Schweiz gehen aktuell rund 80% der Influencer-Marketing Budgets in Instagram. Will man ihren Impact direkt messen, geht man über Gutschein- oder Rabatt-Codes. Wer «nur» die Anzahl Kommentare zählt, kann eine Instagram-Kampagne immerhin mit anderen Kanälen vergleichen.
Was bedeutet dies für das Marketing in Zukunft?
Influencer sind eine Mischung aus Mitarbeiter, Kunde, Publisher. Man macht nicht mehr einzelne Kampagnen mit Influencern, sondern versucht sie exklusiv als Markenbotschafter unter Vertrag zu nehmen. Dann versucht man gegenseitig, die entsprechenden Geschäftsmodelle vorwärtszubringen: Der Influencer wird nicht nur bezahlt, er wird auch von der Marke gepusht. Der Influencer gibt der Marke Feedback aus dem Markt und hilft bei Produktverbesserungen.
Influencer sind für Unternehmen die relevantesten und wichtigsten Kunden, «Prosumer» sozusagen. Die Kommunikation mit ihnen sollte eine Beziehung aufbauen. Tendenziell sollte man das nicht einer Agentur delegieren, sondern inhouse pflegen.
Im B2B-Umfeld spricht man wenig über Influencer Marketing. Von dort kommt der Begriff aber ursprünglich, dort macht man Kampagnen schon lange, nennt sie aber nicht so.
Speaker
Martin Faltl ist Psychologe und seit 2015 am Institut für Customer Insight der Universität St. Gallen beschäftigt.
Im Rahmen seiner Forschungsarbeit untersucht er zwischenmenschliche Beziehungen in sozialen Medien und deren Auswirkung auf Konsumverhalten. Zusätzlich dazu unterstützt er Unternehmen durch Beratung und Vorträge zum Thema Influencer Marketing.