Die sozialen Netzwerke wie XING und LinkedIn eignen sich hervorragend als Headhunting-Plattformen: Lebensläufe, Referenzen und Qualifikationen sind online verfügbar.
Anleitung von Ralph Hutter: Wie sollen Firmen mit Social Networks umgehen? Wie besteht man im Social War for Talent? Wie setzt man Social Media im Personalmarketing ein?
Ralph Hutter am Internet Briefing Zürich
Im Rahmen des Internet Briefings von Reto Hartinger präsentiert Ralph Hutter empfohlene Vorgehensweisen für den Einsatz von Social Media im HR-Bereich.
Entsprechende Lektüre findet man auch bei Amazon.
Best Practice für den Einsatz von Social Networks im HR und Personalmarketing
Heute ist praktisch alles «Social Media». Die Tools diffundieren seit längerem in den HR-Bereich: Man kann sich Firmen-Reviews ansehen und Mitarbeiter-Profile online herunterladen.
Ralph Hutter, Marketingleiter von Namics und vormals Zuständiger für e-channels bei der Graubündner Kantonalbank (u.a. Online Employer Branding) erläutert Social Media im HR-Umfeld.
Was ist Employer Branding?
Arbeitgebermarke vs. Unternehmermarke: Es geht darum, sich als Firma möglichen Kandidaten als möglichst attraktiv zu präsentieren. Nicht Produkte stehen im Mittelpunkt, sondern das Arbeitsumfeld. Ziel ist u.a. das Senken von Recruiting- und Retention-Aufwänden.
Von den etwas über 300 Mitarbeitern von Namics sind 300 bei Facebook, 200 bei Twitter, 150 bei Flickr, etc. Das Thema ist also omnipräsent, weshalb sich Namics sehr genau Ãœberlegungen zu Employer Branding machen muss.
HR-Instrumente 1.0:
- Corporate Website
- Stelleninserate
- Recruiting Messen
- Unternehmensbroschüre
HR-Instrumente 2.0:
- Social Media Präsenz
- Dialoge führen
- Insight geben
- Rahmen für Mitarbeiterkommunikation schaffen
Wirkungsbereiche des Employerbranding
Die HR-Abteilungen sind gefordert, die neuen Medien „korrekt» einzusetzen und relevante Leitplanken zu setzen. Das Verbot von Social Networks kann nicht zielführend sein.
75% der Bewerbungsprozesse laufen heute im Web, die Stellenausschreibungen sind meist online publiziert.
Es gibt einen Trend, komplette CVs ins Netz zu stellen, z.B. auf Xing oder LinkedIn. Die Leute haben keine Bedenken mehr, ihre Lebensläufe online zu publizieren. Social Media könnte in diesem Sinne die nächste Entwicklungsstufe von HR sein.
Von Studenten sind 86% bei Facebook, 57% bei Xing und 29% bei Twitter. Weitere Player vereinen nur wenige Benutzer auf sich.
Auf Facebook gibt es heute noch mehr Benutzer als Firmen. Bei Xing ist es umgekehrt, bei Twitter ist das Ungleichgewicht noch ausgeprägter in Richtung Firmen.
Employer Branding vs. Employee branding
SAP hat eine Social Media Participation definiert, damit sich Mitarbeiter sinnvoll einbringen können und im besten Fall Marken- und Firmenbotschafter werden.
Social Media und HR Prozesse
Eignung von Social Media Plattformen für Recruiting, Retention und Unternehmenskultur
Für die HR-Wirkungsbereiche Mitarbeiter-Recruiting, Mitarbeiter-Retention, Performance- & Talent-Management, Unternehmenskultur, Image / Marke müssen die Kanäle Events, Online, Print, Internet, Give Aways richtig bespielt werden.
HR-Prozesse und entsprechende Kommunikationsziele
Die verschiedenen Mitarbeiter müssen auch auf unterschiedlichen Kanälen und unterschiedlichen Mitteilungen angesprochen werden.
Die Kommunikationskultur einer Firma spiegelt sich oft schon auf der Website oder im Intranet, indem Kommentarfunktionen zur Verfügung stehen. Sind diese nicht vorhanden, findet die Diskussion heute einfach in Facebook statt. Es ist besser, die Diskussion auf den eigenen Kanälen zu ermöglichen.
Best Practices für Social Media im HR-Einsatz
Bei Namics kommunizieren 300 Mitarbeiter sehr aktiv. Alle Mitarbeiter dürfen bloggen, in 4 Monaten kamen 49 Beiträge zusammen. Der Corporate Blog verlinkt auf private Blogs und Websites der Mitarbeiter.
Aktuelle Beispiele von führenden Unternehmen
Es werden nicht nur viele Informationen präsentiert, sondern auch Facebook eingebunden. Die Kommunikation ist über alle Kanäle stringent, die Anzahl Stellenausschreibungen ist überall gleich. Bei Facebook und Twitter muss über die Zweiwegkommunikation immer innert nützlicher Zeit eine Antwort kommen!
Best-Practice: Deutsche Bank
Twitter, Facebook, YouTube und RSS/Podcasts sind prominent eingebunden.
Bei Twitter und Facebook hat der Career-Teil einen eigenen Kanal: Die Informationen konzentrieren sich um HR-relevante Themenkreise.
Auch bei der Deutschen Bank wird Flickr prominent genutzt. Die Funktionen zum Zeigen von Fotos, sammeln in Ordnern, kommentieren, publizieren in verschiedenen Auflösungen werden intensiv genutzt.
Best-Practice: Daimler
Twitter- und Facebook-Kanäle sind stringent aufeinander abgestimmt und persönlich benannt.
Vorgehensmodell für die Einführung von Social Media Kommunikation im Unternehmen
Phase 1: Konzept und Content haben
Einbettung in Strategie
Konzept: Zielgruppe, Botschaften und Ziele definieren
Media Assets erheben: Was habe ich bereits für Inhalte elektronisch vorliegen? Welche eignen sich für Social Media (z.B. Firmenbroschüren als e-paper, Firmenvideos für YouTube, Stelleninserate für Twitter- oder RSS-Feeds)
Social Media Policy erstellen (Mitarbeiter sind nicht die Mediensprecher)
(Sensibilisierung der Belegschaft)
Ausbildung der Kommunikations- und HR-Fachleute
Lessons learned: Schlussendlich bloggen nur die wenigsten Mitarbeiter. Es braucht Inhalte, Zeit, Können. Das ist nicht bei allen Mitarbeitern gegeben. HR-Mitarbeiter haben erfahrungsgemäss oft eine höhere Hemmschwelle vor Social Media.
Mitarbeiter sind sich aber heute gewohnt, ihr Profil mit Bild im Internet zu publizieren.
Phase 2: Prozesse feintunen
Konzentration auf marktführende Plattformen
Stringent sein mit Publikation auf Public Website
Kommunikative Begleitung von HR Events
Erfahrungen sammeln, Community aufbauen
Zu Beginn wird man meist nicht mit Anfragen überhäuft, Kommentare tröpfeln nur vereinzelt herein. Es reicht beim Start, wenn ein Community-Manager in Teilzeit die Social Media Kanäle betreut.
Phase 3: Controlling
Statistiken / Analytics
Social Media Monitoring
Wieviele Retweets werden publiziert? Ãœber welche Kanäle kamen Bewerbungen?
Mit Google Alerts kann ein erstes einfaches Monitoring aufgebaut werden.
Notifikationen wie „Sie haben einen neuen Kommentar erhalten» sollten zentral bei einem Community Manager zusammenlaufen.
Key Learnings Social Media im HR
- Community aufbauen braucht Zeit
- Dialog muss den Namen verdienen
- Konsistent sein mit 1.0 Kommunikation
- Informieren (mit Mehrwert), unterhalten, in Beziehung bleiben
- Reale Personen (keine Phantasie-Avatare) und wenig Corporate Accounts einsetzen
- Freiwilligkeit als Maxime führt zu hoher Identifikation und dadurch auch zu guter Reputation
- Opinion Leaders vor. Vorleben, vorleben, vorleben
- Und Vertrauen schenken
Der Kern und auch die Krux bei Social Media in Unternehmen besteht im Vertrauen zum Mitarbeiter: „Wenn Du einer Person nicht traust, dann stelle sie nicht ein. Wenn Du eine Person anstellst, dann traue ihr.»
Ralph Hutters Slides «Social War for Talent»
Q & A
In der Diskussion erwähnte Tools:
– Social Mention
– Hootsuite
– Sysomos
– Google Alerts
Cornel Müller mahnt, neben der Diskussion um Tools das Relevante nicht aus den Augen zu verlieren, nämlich die eigentlichen Inhalte. Am Beispiel von BMW, wo sich jährlich 300’000 Kandidaten bewerben, wird deutlich wie wichtig der Absagebrief ist: 300’000 Kandidaten sind auch 300’000 potentielle BMW-Fahrer…
Ein Interview zum gleichen Thema mit Beispielen von Bertelsmann findet sich im Blog von Talential.
Bei Amazon heisst die entsprechende Lektüre «Social Media im Personalmarketing»:
Link zu weiteren Amazon Büchern zum Thema Personalmarketing
Update 4.3.2011:
Was man insbesondere in Amerika bezüglich den Einsatz von Social Media im Recruiting-Prozess beachten muss, dokumentiert Fortune in einem interessanten Artikel ‹Checking out job applicants on Facebook? Better ask a lawyer‹: Farbige und Hispanics sind in LinkedIn unterrepräsentiert. Eine Stelle nur in LinkedIn auszuschreiben wäre also diskriminierend.
Weiter könnten HR-Verantwortliche in Social Media Websites Informationen finden, die sie im Bewerbungsgespräch nicht fragen dürften.
Update 15.3.2011:
Studie zur Jobsuche: Wie beliebt die sozialen Netzwerke für die Stellensuche geworden sind, kann man bei der Wollmilchsau nachlesen.
Wie es um den Einsatz von Social Media in der Schweiz generell steht, beantwortet die Social Media Studie Schweiz von Bernet PR.
Und im BlogAboutJob ist das «deutschsprachige Personalwesen» leider ohne die Schweiz. Der Social Media Report HR 2010 bestätigt Xing als das beliebteste Recruiting-Instrument.
http://twitter.com/#!/Qualterio/status/42701930371350529
In «Training», dem Magazin für Weiterbildung und HR-Management, werden zahlreiche HR-Verantwortliche zum Einsatz von Social Media im Recruiting befragt.
Zwei beispielhafte Aussagen:
- Der Aufbau eines Bezugs zu potentiellen neuen Mitarbeitern über Social Media läuft über die Fachstellen, nicht das HR.
- Projektleiter sind besonders gut über Social Media zu erreichen: Sie haben ein Xing-Profil, sind offen und häufig unterwegs, also nicht Print-bezogen.
10 Kommentare
Zu den Social Media Kanälen gesellen sich zunehmend auch CV-Datenbanken. Im weitesten Sinn könnte man Xing und LinkedIn als Solche verstehen. Allerdings sind dort nicht alle Teilnehmer auf Stellensuche.
In der Schweiz stellen Experteer.ch, ALPHA.CH, jobwinner.ch und jobup.ch ihre Kandidatenprofile als CV-Datenbanken zur Verfügung.
Ein entsprechendes Anleitungsvideo gibt es von ALPHA.CH auf ihrem Blog.
Ein sehr interessanter und ausgewogener, sich an der Praxis orientierender Artikel, der sich mit meinen HR-Erfahrungen und meiner Sicht der Dinge voll und ganz deckt und dessen Aussagen ich in jeder Beziehung unterstreichen kann. Schade, dass dies in der HR-Berichterstattung nicht häufiger thematisiert wird und in der Agenda von HR-Leuten nicht weiter oben steht.
Hallo,
ich vermisse, wie so häufig, LinkedIn in der Untersuchung. So hat die deutsche Bank bei Twitter wahlweise 3 oder 4 tausend Follower bei Twitter, bei LinkedIn 38.000. Das ist das zehnfache an Reichweite. Daimler nicht so extrem, aber auch Faktor 2.
liebe Grüße
Stephan
Das ist mal ein detailierter Bericht. Klasse. Ich wollte nur etwas anmerken zum «Social Media Report HR 2010», denn ich bin der, der dahinter steckt, wie auch hinter blogaboutjob.de. Das die Schweiz im Report nicht dabei ist hat seine Gründe. Obwohl über 500 Personaler in der Schweiz eingeladen wurden mitzumachen, haben nur rund 50 die Fragen auch vollständig ausgefüllt. Das war mir zu wenig um diese in die Bewertung als aussagekräftig eingehen zu lassen. Beim nächsten Report machen hoffentlich mehr Schweizer mit.
Gruß aus Köln,
Thorsten
Sehr schöne Zusammenfassung zum Thema Employer Branding, Recruting und Social Media.
Allerdings sollte man nicht nur in Amerika auf die rechtlichen Seiten des Employer Brandings und Recruitings schauen. Etwas zu dieser Thematik liefert mein Blog socialmediarecht.wordpress.com und insbesondere zur «Lex Facebook» sind Informationen zu finden.
To whom it may concern.
Feinen Mittwoch!
Der Beitrag und die Präsentation gefallen mir. In der Tat sehr ausführlich. Danke sehr !
Ebenso bedanke ich mich für die Verlinkung auf unseren Blog.
Zur «Nutzung von Social Media im Employer Branding und Online-Recruiting» haben wir mit der Wiesbaden Business School und der Zeitschrift Personalwirtschaft eine empirische Studie durchgeführt. Dies könnte von Interesse sein.
Ein Auszug der Ergebnisse finden sich hier: http://www.talential.com/blog/online-recruiting/studie-nur-9-prozent-der-employer-branding-aktivitaten-in-social-media-erreichen-die-zielgruppe/
Gerne sende ich bei Interesse auch den Ergebnisbericht als pdf zu.
Vielen Dank für die Zusammenfassung.
Wieso immer Deutsche Beispiele für Facebook Karrierefanpages nehmen. Mit KPMG Schweiz gibt es ein sehr gelungenes Beispiel wie eine attraktive Karrierefanpage aufgeschalten werden kann. Es sind sämtliche Elemente wie Blick hinter die Kulissen, Online-Game welches anschliessend in einer Offline-Veranstaltung endet und auch Stelleninserate inkl. kompletten Bewerbungsprozess integriert. Schaut nach unter http://www.facebook.com/KPMGcareers
hallo Walter, Du hast ja mehr mit bekommen als ich. Frag mich ja schon wie Du das gemacht hast. Kompliment.
Hab das Internet-Briefing auch verbloggt, nicht halb so ausführlich ;) http://netwomans.wordpress.com/2011/03/01/personal-kommunikation-oder-social-war/ (mal sehn, ob man hier links posten darf)
Dankeschön!
Schade hatten wir gestern kein Wireless, dann hätte ich live bloggen können ;-)
Schnellschreiben ist ein kleines Hobby von mir geworden…
Danke Matthias für den Hinweis!
Guten Abend und vielen Dank für den supervollständigen Post. Ich meine fast dabei gewesen zu sein!