Sind jetzt Blogger die vierte Gewalt, oder was ist eigentlich los, wenn sich die NZZ auf ein Blogger-Manifest einigen will und die SonntagsZeitung Blogger als Handlanger von Unternehmen betitelt?
Bin das nur ich oder köchelt da gerade etwas hoch?
Dass Insider und Edelfedern wie Tagesanzeiger-Journalist Constantin Seibt die Zukunft des Journalismus ausloten, gehört schon zum Courant Normal.

Wenn aber ARTE am Fernsehen für ein doch breiteres Publikum das Ende der Zeitung dokumentiert (im ländlichen Indien überlebt das gedruckte Wort noch ein Weilchen, in den USA ist 2017 Schluss),

wenn die SonntagsZeitung Blogger ermahnt, sich doch bitte nicht nur als PR-Botschafter von Zalando zu betätigen
Nicht alle Blogger sind Handlager von Zalando und co. http://t.co/YepRqWiKU1 #Medienmacher @sonntagszeitung
— Barnaby Skinner (@BarJack) August 31, 2014
und die NZZ in die Vollen geht und gleich ein Blogger-Manifest initiiert, sinnigerweise u.a. mit einem der einflussreichsten «Handlanger» und Blogger Kevin Kyburz, der nicht nur an den legendären Launch der iO-App von Swisscom eingeladen wurde, sondern auch von search.ch an deren «Klassentreffen» von Schweizer Social Media Cracks:
Das Blogger-Manifest fand Zuspruch und löste Verwirrung aus. Die Debatte geht weiter http://t.co/MBCqH6UKOR @swissky @Frau_W @bloggingtom
— Neue Zürcher Zeitung (@NZZ) August 29, 2014
Was ist dann eigentlich los?
Wenn Jon Henley, Guardian-Journalist alter Schule, in der ARTE-Doku drucken von Zeitungen als Zeitverschwendung bezeichnet und selber via Twitter-Reisen recherchiert,

das Zeitungssterben eine eigene Wikipedia-Seite hat mit einer Grafik von den Werbeeinnahmen

FAZ-Journalisten mit Wehmut über die alten Tage schreiben

und Zeitungen aussterben werden, u.a. weil gemäss Thomas Baedkal Qualitätsjournalismus gar keiner ist…
What if the real problem isn’t digital? What if the problem is the journalistic work itself?
… «Was zum Teufel» (Zitat Constantin Seibt) ist dann mit dem Journalismus los?
Hoffnung gibt es immerhin von hier, schliesslich hat eine neue Technologie noch nie eine alte ausgelöscht, sondern sie allenfalls besser gemacht in dem, was sie wirklich gut kann.
Müssen wir uns jetzt an Open Journalism, Blogger und Roboterjournalismus gewöhnen? Oder wer bezahlt künftig Qualitätsjournalismus? Die Werbeindustrie scheint sich abzuwenden und die Abogebühren werden es wohl auch nicht richten können?

Entwicklung von Zeitungsauflagen und Werbeeinnahmen gemäss http://futureexploration.net/future-of-media

Sogar im Medientalk von SRF fand die Blogger-/Journalistendiskussion eine Fortsetzung. Ich bin ganz bei den Argumenten von Blogger Kevin Kyburz.
Sehen wir gerade in «Echtzeit» zu, was es heisst, wenn eine Branche von der digitalen Revolution erfasst wird?
4 Kommentare
Lieber Walter
Danke für diesen hochintressanten Beitrag.
Wie schon in meinem Blog erwähnt (siehe Link oben) geht es mir erst einmal nur um Transparenz – Ethik und Journalismus.
Doch im Zusammenhang hier sollte ich vielleicht erwähnen, dass Blogger nicht unbedingt Blogger sind. Vielleicht sollten wir unterscheiden zwischen dem:
1. Blogger der im Blog schreibt zum Vergnügen (d.h. als Hobby – ohne Geld),
2. Blogger als PRler (müssen Geld verdienen – verdienen dank Ads, Sponsorship und / oder Native Advertising) und
3. Corporate Blogger (Angestellter der Firma, Freelancer welcher die Firma bezahlt, usw.).
Journalisten könnte man auch unterteilen…
A. Vollzeit,
B. Teilzeit
C. Freelancer
und dann noch in einem Verlag der zahlende Abonnenten hat oder eben nicht (20 Minuten).
Ausser dem Blog-Typ 1, müssen Blogger und Journalisten gucken, das Sie Geld verdienen. Auch im Corporate Blog müssen Inhalte Mehrwert bieten für die Zielgruppe.
All das kostet Geld welches durch zahlende Abonnenten und/ oder Werbung wie Sponsorship gelingt.
Doch dank Digital Medien entwickelten wir uns immer mehr vom:
– wenig Inhalte von wenigen Gruppen (z.B. Radio und Zeitungen) werden publiziert und von vielen konsumiert, zur Situation wo
– viele kommunizieren und ein immer kleineres Zielpublikum erreichen (z.B. immer weniger Leser pro Titel oder Blog).
Das heisst, es gibt Zeitungen die verdienen pro zahlendem Print-Abonnenten 10 mal mehr via Werbung als dies mit dem zahlenden Digital Abonnenten (z.B. Financial Times, Arkansas Gazette, usw.).
Wenn Leser sich immer weniger Sorgen machen, ob die Nachricht, Story oder der Blogeintrag von Qualität ist oder nicht, ob dieser auf einer sorgältigen Recherche basiert, oder einfach nur eine Meinung präsentiert, dann wird es immer schwieriger… Geld zu verdienen um Qualität zu produzieren.
Ohne Geld kann es nicht die gleiche Qualität geben wie mit Geld. Aber vielleicht sehen andere hier einen Ausweg… ich bin hier nicht sehr optimistisch.
Freundlichst
Urs
Ja, die Unterscheidung in verschiedene Blogger-Typen ist entscheidend! Ethik und Transparenz wird für die einen wichtig sein, was aber vermutlich mit Einbussen b