joiz.tv aus Zürich ist interaktives Fernsehen mit begleitender Social Media. Alle Displays von Smartphones bis zum TV in der guten Stube werden adressiert und begleitet vom ganzen Social Media Spektrum zwischen Skype und Facebook.
Die darunterliegende Technologie muss nicht nur hochgradig flexibel (man weiss ja noch nicht genau wohin das Experiment führt) sondern als Massenmedium auch skalierbar und in Realtime interaktiv sein (Live-Interaktion im TV-Programm).
Was ist joiz.tv? Studenten der Hochschule Chur erklären es so:
Peter Schulz, CTO von joiz.tv ist zuständig dafür, dass alle technischen Komponenten richtig zusammemspielen.
Am 28. März 2011 wurde der «TV-Sender» lanciert: Jeden Tag werden 4 Stunden Inhalte produziert. Angesprochen wird die Zielgruppe der Jungen von 14 – 28 Jahre: «No, you weren’t downloaded. You were born…»
Junge wollen selbst bestimmen, wann sie was sehen, wie sie interaktiv teilnehmen oder eben auch nur passiv Fernseh schauen.
Interaktive Elemente umfassen Skype, Video Messages, Chat, Social Networks, Kommentare, Voting, Badges, etc.
Musik, Bands und Schweizer Künstler sind ein Hauptinhalt des Programms. Lifestyle mit Fashion, Kochshows und Nightlife sind der zweite grosse Block, Soziale Themen wie Gesundheit, Liebe, Sexualität, Gesellschaft, Politik und Trends bilden den dritten Block.
In MyJoiz können Betrachter Videos in die Cloud hochladen. Von dort wird es gescreened und allenfalls für Facebook oder die Abendsendung aufbereitet.
Auf der Website einloggen kann man per Facebook- oder joiz-Login. Entsprechend können in der Sendung und in Facebook die Betrachter von Sendungen mit Fotos visualiert werden und man kann mit ihnen in Kontakt treten.
In Live-Shows visualisiert ein digitaler Baum die Interaktionen in Twitter.
Technische Umsetzung von joiz.tv
Lukas Smith ist Mitglied der internationalen PHP Community und Mitarbeiter von Liip AG, dem externen Software-Dienstleister, der beim Aufbau der joiz-Lösung behilflich war.
Das technische System umfasst Asset Management, Broadcast Chain On-Air Graphics, VoD Management & Distribution, Website Management & Registration, Programmplanung & Kontrolle und Vermarktung. Das System muss einfach genug sein, damit auch Einsteiger ins TV-Geschäft effizient mitwirken können.
Die deutsche Software Step2e diente als Basis für die joiz-Lösung. Die Sendungen können bei joiz von 3 Mitarbeitern umgesetzt werden (Moderator, Kameramann, Technik). In konventionellen TV-Studios sind hierfür 7 Mitarbeiter nötig.
Der «zweite Bildschirm» mit zusätzlichen Informationen zum Fernsehbild wird vom selben technischen Mitarbeiter gespiesen.
Die Umsetzung der Werbefenster war eine der komplexesten Komponenten der Lösung. Den Kunden können damit die Zielgruppen sehr genau kommuniziert und entsprechend detaillierte Rechnungen gestellt werden.
Die Lösung wird von Software-Anbieter Liip AG für die Schweizer Bedürfnisse angepasst. Das Symfony2 Software-Framework wurde zwar eingesetzt, es war beim Start aber als Pre-Alpha-Release selber noch nicht ausgereift, so dass anfänglich viel Anpassungsaufwand entstand.
Symfony2 ist sehr modular aufgebaut und erleichtert dadurch das modulare Testen einzelner Komponenten.
Edge Side Include Technologie von ehemals Akamai wird unterstützt für das Cachen von Inhalten, die von ihrer Natur eigentlich nicht cacheable wären.
Node.js & Socket.io sind die Komponenten, die den 2nd Screen speisen. Per Websockets müssen Updates in Realtime weitergegeben werden. Socket.io sorgt dafür, dass auch bei fehlenden Informationen die Browser-Inhalte korrekt dargestellt werden und die Besucher auch bei hoher punktueller Last relevante Informationen erhalten.
Wowza wird für das Video-Recording in Flash im Browser eingesetzt. Per EC2 Images werden die Bilder skaliert. Für das Playback wird Brightcove eingesetzt.
Andere Komponenten umfassenden den ReverseProxy Varnish für allfällig sehr hohe Last. PostgreSQL wird für Hot-Backup bereitgestellt. YUI (Yahoo UI Scripting) + lessphp (CSS Preprocessor für Variablen) + assetic (PHP Bibliothek für finale CSS- und JavaScript-Generierung in der Produktion).
Das Deployment erfolgt über Debian-Packages, die der Hosting-Firma gesandt werden. DB-Passwörter werden beispielsweise nicht hartcodiert sondern während des Deployments beim Hoster aus externen Variablen eingelesen.
Der Symfony2-Code wurde in verschiedene Kernel aufgesplittet: main, admin, api, dbmigration, static. Jede dient einem eigenen Ziel und kann von verschiedenen Usern verwaltet werden.
Lessons learned / Liip
Der Importer ist immer das anstrengendste Element. Speziell das Facebook API ist sehr umständlich in der Handhabung. Message Queueing wurde nicht umgesetzt, es wäre anfänglich zu mächtig gewesen. Das Handling von ESI für asynchrones Bearbeiten der Inhalte muss laufend verbessert werden.
Auf Auftraggeberseite muss viel Risikobereitschaft da sein, ein derart innovatives technisches Konzept umzusetzen. Dafür sind die Mitarbeiter auf beiden Seiten sehr motiviert, die Umsetzung zum Erfolg zu führen.
Zum Zeitpunkt des Briefings für Liip waren noch nicht viele Vorgaben bekannt, joiz wurde erst gerade konzipiert.
Zudem ist die gleichzeitige Erstellung von TV- und Web-Inhalten sehr anspruchsvoll. Auch die Zuschauer müssen sich an das interaktive System gewöhnen. Meist wollen sie auf ihrer Fernbedienung nicht mehr als zwei Knöpfe sehen. Deshalb rollt joiz.tv neue Module zeitversetzt aus, die Betrachter sollen sie erst kennenlernen können.
Der Facebook-Chat ist einfach zu implementieren, aber unpraktisch: Bei Live-Chats mit 6000 Meldungen verschwinden die Mitteilungen viel zu schnell. Deshalb werden andere Tools eingesetzt, mit denen man den News-Stream eingrenzen kann, z.B. um nur Mitteilungen von Bekannten zu sehen.
Twitter ist scheinbar erst bei über 30-Jährigen im Einsatz. Die Zielgruppe von joiz.tv setzt Twitter nicht ein sondern Facebook.
Die Konzepte werden vom Management angedacht (sind alle über 40) und von der Belegschaft (unter 30) reviewed und diskutiert. Es gibt aber kein Schwarz oder Weiss, Falsch oder Richtig, oft werden Konzepte einfach mal im Feld versucht.
Zukünftige Konzepte
In der Konzeption für neue Funktionen sind
- personalisierbare Widgets auf der Website
- Dating basierend auf Musikgeschmack und Verhalten
- Apps für Fernsehhersteller wie Samsung und LG
- Tagging und Kommentieren / Teilen von Videoszenen
- zusätzliche Mobile-Features wie Augmented Reality und Geo-Location
- Visualisierung der Zuschauer-Aktivität im TV-Programm
https://twitter.com/#!/konradweber/status/148059750414815232
https://twitter.com/#!/andreasamsler/status/146932465724964865
2 Kommentare
Danke für den Tipp ;-)
Ist ja toll, dass du gleich unser Erklärungsvideo zu joiz eingebunden hast! ;-)